Akute Belastungsreaktion, Verarbeitungsphase und posttraumatische Belastung.
Verlauf
Direkt nach einem traumatischen Erlebnis befindet sich eine traumatisierte Person in einem Schockzustand. Diese akute Belastungsreaktion ist zunächst eine normale Reaktion der menschlichen Psyche auf ein außergewöhnlich belastendes Ereignis. Umgangssprachlich wird von einem Schock oder Nervenzusammenbruch gesprochen. Die Reaktion dauert meist 2-3 Tage, seltener bis zu ca. 14 Tage.
Danach setzt die Verarbeitungsphase ein, die zu einer vollständigen Verarbeitung führen kann. Halten Symptome an, und liegt dadurch eine psychische oder soziale Beeinträchtigung vor, handelt es sich um eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS).
Grundsätzlich braucht die Verarbeitung eines Traumas Zeit. Der Verlauf der Verarbeitung hängt dabei auch von der Art und der Schwere des Traumas ab, außerdem von der Resilienz des Betroffenen.
Symptome der Akutphase
Traumata können sehr unterschiedlich erlebt werden. Kennzeichnende Symptome der Akutphase eines Psychotraumas sind:
- Vegetative Stressreaktionen, wie Schwitzen, Herzrasen, Übelkeit
- Fähigkeit zu außergewöhnlichen körperlichen Leistungen durch einen Überschuss an Adrenalin
- Wahrnehmungsstörungen, Bewusstseinseinengung, Desorientiertheit
- Dissoziative Symptome, Depersonalisation, Derealisation, das Gefühl, nicht man selbst zu sein oder sich in einem Film zu befinden
Entsprechende belastende Emotionen sind:
- Existentielle Angst
- Ohnmachtsgefühle
- Hilflosigkeit
- Ausweglosigkeit
- Kontrollverlust
Verarbeitungsphase
In dieser Phase werden die psychischen Selbstheilungskräfte aktiviert.
Glückt die Verarbeitung, verringern sich die oben genannten Beschwerden allmählich bis zum vollständigen Verschwinden. Durch die Beschäftigung mit dem Erlebten kann es zu starken Stimmungsschwankungen kommen, die nach der Verarbeitung wieder abklingen. Das Trauma wird dadurch zu einem Erlebnis im Leben, das in die Lebensgeschichte integriert wird.
Glückt die Verarbeitung nicht, können bestehende Symptome vollständig oder teilweise erhalten bleiben und neue Symptome dazu kommen. Die Folge ist eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS).
Posttraumatische Belastungsstörung
Die Internationale Klassifikation psychischer Störungen ICD-10 (Kapitel V) fasst Symptome als Reaktion auf ein belastendes Ereignis wie folgt zusammen:
Sie entsteht als eine Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigen Ausmaßes, (kurz oder lang), die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde.
Dabei entwickeln traumatisierte Menschen in Abhängigkeit von ihren bisher gemachten Erfahrungen, ihrem Alter, ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht etc. sehr unterschiedliche Symptomatiken.
Symptomspektrum
Generell werden eine Reihe verschiedener Symptome infolge von Psychotraumata beschrieben:
- Albträume
- Schlafstörungen
- Schreckhaftigkeit, Reizbarkeit
- Unruhe
- Gefühle emotionaler Stumpfheit
- Dissoziative Symptome
- Vermeidungsverhalten
- Kontakt-und Beziehungsstörungen
- Übererregung, Gereiztheit
- Konzentrationsstörungen
Die Störung folgt dem Trauma mit einer Latenz, die Wochen oder Monate dauern kann (doch selten mehr als 6 Monate) nach dem Trauma. (...) Bei wenigen Patienten nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine dauernde Persönlichkeitsveränderung über.
Bei einem chronischen Verlauf einer PTBS können weitere Folgestörungen eintreten, z. B.:
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Akute und chronische Angst
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Panikattacken
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Phobien
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Leistungsversagen
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Depressivität
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Substanzmissbrauch, Suchtentwicklung
Die Persönlichkeit verändernde Krankheitsbilder sind z. B.:
- Selbstverletzendes Verhalten
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Multiple Persönlichkeitsstörung F44.81 (ICD-11 neu: Dissoziative Identitätsstörung)